Trauerfeier und Nachruf Gottfried Matthaei

Trauerfeier und Nachruf Gottfried Matthaei

Trauerfeier und Nachruf Gottfried Matthaei

# Gemeindeleben

Trauerfeier und Nachruf Gottfried Matthaei

Gottfried Matthaei ist am 7. März frühmorgens im Alter von 76 Jahren gestorben. 

Nachruf verfasst von Pfr. i. R. Christian Zeiske.

In den vergangenen Jahren ging es Gottfried Matthaei gesundheitlich immer schlechter. Dennoch kam sein Tod überraschend. Sein Tod trifft alle, die ihn in sein Herz geschlossen haben.  

Als junger A- Kirchenmusiker begann Gottfried Matthaei 1968 in der Kirchengemeinde Epiphanien. Der Neubau der Kirche unter Einbeziehung der Ruinen der alten Epiphanienkirche war da gerade mal acht Jahre her - die Orgel damals – ein Provisorium. In Gottfried Matthaei entstand ein lebhaftes Interesse für einen Orgelneubau und er nutzte seine Kontakte zu Herbert Schulze, Dozent an der Kirchenmusikschule in Spandau, der mit seinem Freund, dem Physiker Karl- Theodor Kühn neue Ideen für den Orgelbau entwickelt hatte. Einige Orgeln, die nach dem Konzept von beiden gebaut wurden, gab es im damaligen West- Berlin schon, die neue Orgel in Epiphanien sollte aber eine Weiterentwicklung werden.  

1975 entstand eine noch recht kleine Orgel mit zwei Manualen auf der Empore der Epiphanienkirche. Aber schon sie erregte das Interesse der Fachwelt. 1995 stand dann, gewissermaßen als zweiter Bauabschnitt, die große dreimanualige Orgel, die jetzt zu sehen und zu hören ist, auf der Empore. Sie stand als Sehenswürdigkeit in dem Touristenticket des Senats „3 Tage volles Programm – 3 Tage freie Fahrt“ neben den Orgeln des Berliner Doms und der Kaiser- Wilhelm- Gedächtniskirche, der Sternwarte und dem Gruselkabinett, so schrieb der ‚Tagesspiegel‘ 2004.   

Äußerlich fällt die Einheit des Designs von Kirchenbau und Orgel auf. Die weißen Bänke korrespondieren in Anordnung und Farbe mit dem äußeren Erscheinungsbild der Orgel. Elegant bezieht sie die drei großen Rautenfenster der Kirchenrückseite mit ein und nimmt die dreieckigen Formen der markanten Aluminium- Decke auf.  

Was ist nun das Besondere des Orgelklanges in Epiphanien? Die technischen Neuheiten aufzuzählen, würde hier den Platz sprengen. Es ist auch nicht nötig, denn wer sich auf die Orgelmusik einlässt, genießt den sehr differenzierten, klaren und unglaublich vielseitigen Klang, der barocke, romantische und gerade auch zeitgenössische Musik zur Geltung bringt.  

An der Orgel fanden über Jahre hinweg exzellente Workshops mit Orgelspezialisten aus der ganzen Welt, wie vor allem Ewald Koiman, statt. Herausragend waren die „Epiphanien-Orgeltage“, die über viele Jahre Menschen zum Hören und Einfühlen in Orgelmusik einluden. Für seine Verdienste um die Kontakte in die Länder des Ostblocks und das Aufweichen des „Eisernen Vorhangs“ zeichnete der Bezirk Charlottenburg Gottfried Matthaei 1996 mit der Bürgermedaille des Bezirks aus.  

Über die Vorgänger- Orgel (von 1975) bin ich als Student mit meiner Frau in die Epiphaniengemeinde gekommen. Bald sangen wir in der Kantorei mit, wir waren begeistert von der sehr intensiven und frischen Chorarbeit. Viele Reisen hat die Kantorei unter der Führung Gottfried Matthaeis unternommen, vor allem eben auch in den damaligen Ostblock. In den Zeiten der Teilung Berlins hat er kontinuierlich und intensiv den Kontakt in den Osten gepflegt, der in West- Berlin in diesen Zeiten ziemlich einmalig und herausragend war. Profilierte Musikerinnen und Musiker hatten oft ihren ersten West- Auftritt zuerst in der Epiphanienkirche, wie Ludwig Güttler, Matthias Eisenberg, Jurate Landsbergyte aus Litauen und andere, die bis heute bestehen.  

Auch in die Partnerschaften mit den Gemeinden in der DDR nach Wermsdorf und Ahlfeld war die Kantorei einbezogen.  

Für mich war ein starkes Erlebnis ein Konzert „membra Jesu nostri“ von Dietrich Buxtehude. Gottfrieds Bruder Michael, der sich professionell sehr mit der künstlerischen Ausgestaltung der Kirche beschäftigt hat, malte riesige Bilder mit Kaffeesatz und stellte sie in der Kirche aus. Alte, frühbarocke Musik traf mit avantgardistischer darstellender Kunst zusammen und beides verschmolz zu einer Einheit.  

Das alles wirkte nach außen. Nach innen aber, in die Gemeinde hinein, war die Wirkung von Gottfried Matthaei enorm. Im Zusammenklang vor allem mit Pfarrerin Bornemann wurde die sonntägliche Liturgie besonders gepflegt. So entwickelten sie gemeinsam das Konzept von „Musik und Wort“, eine Verkündigung auf verschiedenen Ebenen.  

Kinder hat Gottfried Matthaei einbezogen, für sie Orgelführungen arrangiert, von denen es noch entzückende Fotos auf der überfüllten Empore gibt.   

Einen Bläserchor baute er auf und ging mit ihm auch auf weite Reisen. Der Bläserchor hat bis heute untereinander Kontakt und ist noch in der Lage, kurzfristig zusammen zu kommen und zu musizieren. Es gab auch den Mittwochschor, einen „Chor für Einsteiger“, um Menschen, die gerne singen, nur ja die Hemmung zu nehmen, das gemeinsam zu tun.    

Vieles hat Gottfried Matthaei nach vorne gebracht und einiges auch aufgearbeitet. Das Thema ‚Kirchenmusik in der Zeit des Nationalsozialismus‘ beschäftigte ihn. Man konnte ihn fragen, er wusste darüber Bescheid und organisierte auch darüber Veranstaltungen in der Gemeinde. Er holte auch die sehr lesenswerte Broschüre von Marianne Schweitzer über seine Vorgängerin in der Epiphanienkirche, Lili Wieruszowski, nach der Gesetzgebung der Nazis eine Jüdin, in die Gemeinde. 

Mit seiner kantigen und hartnäckigen Art, die manchmal auch die Zusammenarbeit mit ihm schwer machten, hat er unermüdlich Spenden eingetrieben, um die Fertigstellung des Orgelbaus erfolgreich zu beenden. Dafür hat sich auch mit den Pfarrern und dem GKR auseinandergesetzt und gestritten. Gemeinderäume hat er mit seinen Archivarbeiten in Beschlag genommen, die dann eben für die Gemeinde-arbeit blockiert waren. Auch das gehörte zu Gottfried Matthaei, seinem Wesen und zu seinem Leben.  

Als sein Sohn Jakob als Jugendlicher plötzlich an den Folgen eines Aneurysmas starb, vergrub er sich im Schmerz, der ihn bis zu seinem Tod nicht mehr losgelassen hat. Tief ins Gedächtnis hat sich mir gebrannt, als Gottfried auf der Gemeindereise nach Syrien am Fluss Jabbock ganz für sich allein lange am Ufer saß, an dem Fluss, an dem nach biblischer Erzählung Jakob mit dem Engel kämpfte.   

Was bleibt uns nach Gottfried Matthaeis Tod? Es ist das Gemeinsame, das unser persönliches Leben bereicherte, sein lautes und herzgewinnendes Lachen, die Musik, das gemeinsame Singen und sein Lebenswerk, die Orgel, deren Bedeutung in der Orgelbaugeschichte vielleicht auch erst spätere Generationen in vollem Umfang schätzen werden.  

Wir werden Gottfried Matthaei in tiefer Erinnerung behalten. Wir trauern mit seiner Frau Gertraud und seiner Familie. Wir sind dankbar und froh für alle musikalischen Prägungen, die wir durch ihn erfahren durften und wir sind sehr dankbar für die universale Kirchenmusik in Epiphanien.  

Pfr. i.R. Christian Zeiske  


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